V: Geodatenverwaltung

Die Geodatenverwaltung umfasst sowohl die bereits oben adressierten Aspekte der Datenmodellierung als auch die konkrete Umsetzung der Datenstrukturen in der Datenbank sowie die Bereitstellung von Methoden zur Manipulation dieser Daten (anlegen, einfügen, löschen, ändern von Datensätzen etc.). Die in den Karten, Karteien und anderen Sammlungen vorhandenen Informationen müssen im Anwendungskontext beschrieben und in strukturierter Form abgelegt werden. Jedes Geoobjekt wird im GIS durch seine Komponenten beschrieben. Dementsprechend muss das GIS in der Lage sein, die reale Welt sowohl geometrisch-topologisch, thematisch und temporal zu modellieren, mit Metadaten anzureichern und in Datenbanken abzubilden. Eine umfassende Übersicht findet sich in Bill, 2016, Kapitel 6.

Für die Verwaltung von Vektordaten nutzen heutige GIS überwiegend (objekt-)relationale Datenbanken, die um Funktionen zum Umgang mit Geometrien erweitert sind. Diese Datenbanken unterstützen dann das Abspeichern der Koordinaten von Punkt-, Linien- und Polygongeometrien sowie die Berechnung von räumlichen Indizes zum schnellen Zugriff auf die Geometrien. Aus Nutzersicht stellen sich die Geometrien dann als ein weiteres Attributfeld neben thematischen und temporalen Attributen in den Tabellen zur Verwaltung der Geoobjekte dar. Weiterhin können spezielle Tabellen zur Verwaltung der topologischen Beziehungen innerhalb und zwischen den Geoobjekten angelegt werden.

Die Verwaltung raumbezogener Daten stellt aus der Sicht der Informatik eine Nichtstandardanwendung von Datenbankmanagementsystemen (DBMS) dar. Standardanwendungen von DBMS sind überwiegend im Lohn- und Bankwesen zu sehen, in der Materialbestellung und der Produktion (Stücklistenerstellung etc.), wohingegen als Nicht-Standardanwendungen die Bereiche des CAD, der Geo-Informationssysteme und des Leiterplattendesigns gelten (Bill, 2016, S. 435 ff.). Datenbanksysteme, die die Speicherung von Geodaten und Geoobjekten sowie die Bearbeitung räumlicher Anfragen auf diesen in hinreichender Weise unterstützen, werden räumliche Datenbanksysteme oder auch Geodatenbanksysteme (engl. Spatial Database Systems) genannt.

Geodatenbanksystem

Ein Geodatenbanksystem muss nach Brinkhoff (2013) eine Reihe von Fähigkeiten besitzen, die heute i. d. R. in objektrelationalen Datenbanken mit räumlichen Erweiterungen zur Verfügung stehen (vgl. Bill, 2016, S. 444 ff.):

  • Das Geodatenbanksystem muss geometrische und topologische Datentypen anbieten, die Geometrie- und Topologiedaten geeignet repräsentieren können. So werden zum Beispiel Datentypen für Punkte (Knoten), Linienzüge (Kanten), Polygone mit Löchern und Mengen von Polygonen (Maschen) in 2D und Körper in 3D benötigt.
  • Ein Geodatenbanksystem muss Methoden für diese geometrischen und topologischen Datentypen bereitstellen, die die Ausführung geometrischer und topologischer Funktionen erlauben. Solche Funktionen berechnen zum Beispiel den Schnitt zwischen zwei Flächen, bestimmen die Länge eines Streckenzugs oder prüfen das Enthaltensein innerhalb von Flächen. Sie können vom Benutzer in der Anfragesprache des Datenbanksystems verwendet werden. Dies kann entweder in der Anfragebedingung erfolgen, um die Daten aus einem bestimmten Gebiet zu bestimmen, oder bezüglich der Datensätze, die eine nichtgeometrische Anfragebedingung erfüllen, um beispielsweise deren Fläche zu berechnen.
  • Enthält eine Abfragebedingung eine oder mehrere Operationen, die einen Raumbezug aufweisen, wird die Abfrage auf eine oder eine Folge von räumlichen Basisabfragen zurückgeführt. Beispiele hierfür sind die Punktabfrage, die alle Objekte bestimmt, deren Geometrie einen Abfragepunkt enthält, oder die Rechteckabfrage (Clipping), die zu einem gegebenen Abfragerechteck alle Geoobjekte bestimmt, die das Rechteck schneiden. Die Verarbeitung der räumlichen Basisabfragen und auch anderer geometrischer Operationen muss hinreichend effizient erfolgen. Dazu sind geeignete Algorithmen und Datenstrukturen erforderlich. Diese Forderung umfasst zum Beispiel, dass Geoobjekte mithilfe räumlicher Indizes vom Datenbankmanagementsystem verwaltet werden, und dass effiziente Algorithmen für die Lösung geometrischer Suchabfragen implementiert sind.
  • Die geometrischen und topologischen Datentypen und Funktionen müssen so spezifiziert sein, dass sie im Sinne eines offenen GIS von Anwendungen außerhalb des Geodatenbanksystems problemlos genutzt werden können. Um eine Interoperabilität zwischen verschiedenen Applikationen zu erreichen, haben die Datenmodelle allgemein anerkannte Standards einzuhalten. Damit wird die Integration von Geodaten in die herkömmliche IT-Infrastruktur einer Organisation und deren Geschäftsprozesse ermöglicht.