Open Goverment Data (auch OpenGovData, OGD, zu deutsch offene Regierungs- und Verwaltungsdaten) sind Daten, die von einer öffentlichen Behörde oder Regierungsorganisation zur freien Nutzung für die Öffentlichkeit bereitgestellt werden. Open Government Data ist eine gemeinsame Teilmenge der Open Government- und der Open Data-Bewegung. Viele Autoren benutzen den Begriff Open Data jedoch synonym mit Open Government Data und vernachlässigen dabei die weiter gefasste Bedeutung des Begriffes.
"The world is witnessing a significant global transformation, facilitated by technology and digital media, and fueled by data and information. [...] Open data is at the center of this global shift." International Open Data Charter (IODC)
Das Recht, Dokumente und Akten der öffentlichen Verwaltung einsehen zu dürfen, ist in vielen Ländern bereits gesetzlich verankert (z.B. durch das Informationsfreiheitsgesetz der Bundesrepublik Deutschland, wirksam seit 1. Januar 2006 oder das Öffentlichkeitsgesetz der Schweiz, BGÖ, wirksam seit 1. Juli 2006). Wurden viele Daten bisher nur auf Anfrage herausgegeben, so strebt die Open Government-Bewegung das Prinzip "Open by default" an, d. h. dass Verwaltungsdaten in Zukunft standardmäßig, auch ohne vorherige Anfrage, veröffentlicht werden sollen.
Die meisten Regierungen, die Daten im großen Stil offenlegen, haben sich dem Open Government-Leitbild (kurz OpenGov) verschrieben, dessen Grundsätze mit Transparenz, Partizipation und Zusammenarbeit zusammengefasst werden. Durch mehr Transparenz soll staatliches Handeln für die Bürger besser nachvollziehbar gemacht werden. Durch die Bereitstellung offener Daten legt der Staat Rechenschaft darüber ab, wie etwa Steuergelder investiert oder natürliche Ressourcen genutzt werden. Partizipation bedeutet, dass Bürger in die Entscheidungsprozesse des Staates mit einbezogen werden sollen - die Politik profitiert dabei durch neue Impulse und Problemlösungsansätze aus der Gesellschaft, in der Gesellschaft selbst soll Politikverdrossenheit abgebaut und die Akzeptanz für staatliches Handeln erhöht werden. Außerdem soll die Zusammenarbeit von Regierungen mit bürgerlichen Organisationen und Unternehmen aktiv gefördert werden.
Der Studie "Open Government Data Deutschland" zufolge (Klessmann et al., 2012) soll Open Government in Zusammenwirken mit existierenden Ansätzen ein sogenanntes Ökosystem der Offenheit anregen, bei dem sich die verschiedenen Ansätze aufgrund von Wechselwirkungen gegenseitig befruchten (siehe Abbildung). Prominent formuliert wurden die Ziele von Open Government in dem Memorandum über "Transparency and Open Government", 2009 veröffentlicht von US-Präsident Barack Obama. Sie finden sich auch in der Deklaration der Open Government Partnership (2011), einer internationalen Open Government-Initiative.
Einen größeren Fokus auf Open Data als Bestandteil von Open Government-Stategien hat die Open Government Charta der G8-Staaten (2013), deren Nachfolgeerklärung die International Open Data Charta ist, welche gegenwärtig aktiv weiterentwickelt wird. Die beiden Deklarationen nennen fünf bzw. sechs Kernprinzipien für die Veröffentlichung von offenen Verwaltungsdaten, die im Wesentlichen miteinander übereinstimmen, jedoch sind sie in der Internationalen Charta etwas anders ausformuliert und durch einige Bedingungen ergänzt. Die Nationen und Organisationen, welche eine der beiden Chartas unterstützen, haben sich bereit erklärt, sich den genannten Zielen schrittweise anzunähern und die dazu notwendigen rechtlichen, organisatorischen und technischen Rahmenbedingungen zu schaffen. Die beiden Chartas sind gemeinsam mit den 10 Open Data Prinzipien der Sunlight-Foundation, welche oft auch in offiziellen Regierungsdokumenten zitiert werden, maßgeblich für international anerkannte Open Data Standards und Ziele. Wie die unten stehende Übersicht zeigt, finden sich wesentliche Punkte der Prinzipien der Sunlight Foundation ebenfalls in den Beschreibungen der Charta-Prinzipien wieder. Die Tabelle stellt die thematisch einander entsprechenden Prinzipien gegenüber und fasst ihre wesentlichen Inhalte zusammen.
G8 Open Data Charta1 | International Open Data Charta (IODC)2 | Open-Data-Prinzipien der Sunlight-Foundation |
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Standardmäßig offene DatenErläuterung: Bislang wurden Regierungs- und Verwaltungsdaten oft nur auf begründete Anfragen hin herausgegeben. In Zukunft sollen alle Daten standardmäßig veröffentlicht werden, sofern keine besonderen Gründe vorliegen, diese zurückzuhalten. Die International Charta fordert auch, dass Regierungen das Zurückhalten von Daten rechtfertigen müssen. |
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1. Open by default | 1. Open by default | - |
Qualität und Quantität / Zeitnah und umfassendErläuterung: Daten sollen so früh wie möglich, umfassend und mit hoher Genauigkeit veröffentlicht werden. Soweit möglich, sollen die Daten in ihrer ursprünglichen, unmodifizierten Form bereitgestellt werden (Primärquelle) und in der höchsten verfügbaren Auflösung (Granularität). Informationen sollen in einfacher, allgemeinverständlicher Sprache geschrieben sein und die Daten ausführlich und vollständig dokumentiert.Die International Charta fordert zudem eine umfassende und konsistente Datenarchivierung und Versionsverwaltung (Lifecycle-Management), Mechanismen zur Datenverbesserung durch Nutzer-Feedback und dass Nutzer bei größeren Änderungen der Datenstruktur und -verfügbarkeit zurate gezogen werden. |
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2. Quality and Quantity | 2. Timely and comprehensive | 1. Vollständigkeit (Completeness) 2. Zeitnähe (timeliness) 3. Primärquellen (primacy) [ ... ] 9. Dauerhaftigkeit (Permanence) |
Für alle zugänglich und verwendbarErläuterung: Der größtmöglichen Menge von Nutzern (und Nutzergruppen) soll erlaubt sein, die Daten zur größtmöglichen Vielfalt von Zwecken zu nutzen. Daher sollen zentrale Datenportale sicherstellen, dass offene Daten leicht gefunden und abgerufen werden können. Die Bereitstellung erfolgt nicht-diskriminierend und barrierefrei, d.h. dass beliebige Nutzer die Daten abrufen können, ohne sich vorher registrieren, identifizieren oder sonstige Zugangsvoraussetzungen erfüllen zu müssen. Die Daten selbst sollten in einem allgemein-verständlichen, maschinenlesbaren Datenformat vorliegen. Die Daten sollten kostenlos sein und ihre freie Nutzung durch offene Lizenzen garantiert werden.Laut IODC soll auch das öffentliche Bewusstsein und der geschulte Umgang mit Open Data sowie die Verfügbarkeit der dazu notwendigen Werkzeuge und Ressourcen gefördert werden. Vergleichbar und interoperabelErläuterung: Die International Open Data Charta hebt die Vergleichbarkeit und Interoperabilität von Daten als eigenständiges Prinzip hervor. Dadurch, dass mehr Daten allgemein zugänglich sind, gibt es auch immer mehr Möglichkeiten, diese zu kombinieren und dadurch Mehrwerte zu generieren. Eine wichtige Voraussetzung dafür sind allgemeingültige Daten-Standards und Datenmodelle. |
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3. Usable by all | 3. Accessible and usable | 4. Leichte physische und elektronische Erreichbarkeit (Ease of physical and electronic access) 5. Maschinenlesbarkeit (Machine readability) 6. Barrierefreier Zugang (Non-discrimination) 7. Gemeinsame oder offene Standards (Commonly owned or Open Standards) 8. Lizensierung (Licensing) [...] 10. Nutzungskosten (Usage Costs) |
- | 4. Comparable and interoperable | |
Verbessertes staatliches Handeln und Einbeziehung von BürgernErläuterung: Durch das Veröffentlichen entsprechender Daten soll staatliches Handeln sowohl innerhalb als auch außerhalb der Regierung, sowie im internationalen Austausch zwischen den Nationen nachvollziehbar gemacht werden. Durch mehr Transparenz können öffentliche Dienstleistungen verbessert und der Staat zur Rechenschaft gezogen werden (u.a. für Maßnahmen gegen Korruption und Misswirtschaft). Die unterstützenden Regierungen und Organisationen der beiden Chartas erkennen an, dass Open Data die Demokratie stärkt und dazu anregt, staatliches Handeln vermehrt auf die Bedürfnisse der Bürger abzustimmen. |
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4. Releasing Data for Improved Governance | 5. For Improved Governance And Citizen Engagement | - |
Förderung von Entwicklung und InnovationErläuterung: Open Data kann sozialen und ökonomischen Mehrwert, sowohl im kommerziellen als auch nicht-kommerziellen Sektor generieren. In diesen Zusammenhängen sollen Innovation und Kreativität aktiv gefördert werden. Laut der IODC sollen Bürger, gesellschaftliche und privatwirtschaftliche Organisationen und multilaterale Institutionen dazu angehalten werden, ebenfalls Daten zu veröffentlichen, um das Open Data-Ökosystem zu vergrößern. Zu diesem Zweck sollen Partnerschaften zwischen den Beteiligten angeregt werden sowie ein Austausch von Erfahrungen und technischer Expertise stattfinden. An Schulen und weiterführenden Bildungseinrichtungen soll der Umgang mit Daten (data literacy) und Forschung mit offenen Daten Teil von Lehrplänen werden. Somit soll Kompetenz aufgebaut werden und Entwickler, Unternehmer, die Zivilgesellschaft, privatwirtschaftliche Organisationen, Wissenschaftler, Medienvertreter, Regierungsangestellte und andere Nutzer dazu ermuntert werden, das Potential offener Daten zu erschließen. |
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5. Releasing Data for Innovation | 6. For inclusive Development and Innovation | - |
Diskutieren Sie und machen Sie sich Notizen:
Warum setzen sich Regierungen und öffentliche Einrichtungen für "Open Data" ein?
Auch Regierungen, die sich nicht klar zu den Open Government Zielen bekennen und teilweise oder sogar entgegengesetzte Politik betreiben, veröffentlichen einige Daten als Open Data. Beispiele hierfür sind Russland und China. Worin unterscheiden sich die Ziele dieser Regierungen möglicherweise?
Weiterführende Artikel:
Am 18. Juni 2013 verabschiedet durch Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Russland, das Vereinigte Königreich (UK) und die Vereinigten Staaten (USA) ↩
Wird als Nachfolgeerklärung der G8-Charta aktiv weiterentwickelt und wurde bislang von 19 nationalen Regierungen offiziell angenommen und von vielen staatlichen Einrichtungen und nichtstaatlichen Organisationen weltweit unterstützt. (Stand: 15.5.2018, in Europa lediglich angenommen durch UK, Italien, Frankreich und die Ukraine) ↩